10 Jahre Flüchtlingshilfe - die Erinnerungsveranstaltung am 09.09.2025
Im März 2015 begannen einige Bürger unserer Stadt mit der Flüchtlingshilfe, im September 2025 feierten wir die 10-jährige Dauer der ehrenamtlichen Arbeit mit einer Veranstaltung im Schaustall. Hauptattraktion war ein ca. 2-stündiges Bühnenprogramm mit vielen Akteuren und Projekten der 10-jährigen Geschichte, sowie einigen besonderen Gästen. Die einzelnen Bühnenauftritte wollen wir im folgenden präsentieren.
Den musikalischen Rahmen bildete die Band 5000Miles, ein Projekt von Susanne Wagner mit geflüchteten und eingewanderten Menschen.
10 Jahre Mobilität in Langenfeld – die Fahrradgruppe macht es möglich
Die Fahrradgruppe war eine der ersten Errungenschaften der Flüchtlingshilfe und startete bereits Mitte 2015 ihre Arbeit. Mit Unterstützung der Antirassismus AG des Gymnasiums wurden alte Räder aus dem Fahrradkeller der Schule abgeholt und instand gesetzt. Bis heute haben die Helfer und Helferinnen über 1.000 Räder verkehrstüchtig gemacht und an Flüchtlinge übergeben. Trotz mehrerer Umzüge von Lager und Werkstatträumen lässt sich die agile Gruppe nicht aus dem Konzept bringen und stellt auch weiterhin in gewohntem Umfang Räder zur Verfügung.
Das liegt natürlich auch daran, dass die Spendenbereitschaft der Bürger, die ausgediente, nicht mehr benötigte Räder bereit stellen, nicht nachlässt.
Wo bitte geht es zur Schule ? Die Schülerhilfe weiß es
Bereits sehr früh im Jahr 2015 war die Schülerhilfegruppe gefragt. Der Ansturm an schulpflichtigen Kindern konnte von der Verwaltung nicht bewältigt werden, so dass die Schülerhilfegruppe sich in Zusammenarbeit mit der Kreisverwaltung über fast drei Jahre um die Einschulungen kümmerte. Auch der Umstand, dass viele junge Menschen und Kinder ohne Erziehungsberechtigte ankamen, wurde von der Schülerhilfegruppe aufgedeckt und konnte so einer Betreuung durch die Jugendhilfe zugeführt werden. Heute beschäftigt sich die Schülerhilfegruppe überwiegend mit Lernhilfe, Prüfungsvorbereitungen und die Ausstattung von Einschülern mit notwendigen Schulmaterialien.
In diesem Jahr wurden allein 22 Erstklässler mit Tornistern, Schulmaterialien und natürlich auch einer Schultüte ausgestattet.
Schriftsteller mit Fluchtgeschichte – Samer Al Najjar war mit dabei im Schaustall
Samer Al Najjar war selbst Zeitzeuge des Aufstandes der unterdrückten Menschen in Syrien und musste das Land 2012 verlassen. In Deutschland hat er Germanistik und Politik studiert.
Auf unserer Veranstaltung las er die Geschichte „Heimat“ aus seinem in diesem Jahr erschienenen Buch „Lippenstift und Blut“ (AKRES Publishing). Er berichtet über seine ersten Eindrücke in einer fremden Welt, den Umgang mit Entwurzelung und Vertreibung. „Heimat ist überall dort, wo man sich frei, willkommen, sicher und zugehörig fühlt“ heißt es in dieser Geschichte.
Das werden viele Flüchtlinge bestätigen können, aber es ist auch eine Mahnung an unsere Gesellschaft, die dabei ist, soziale Werte in Frage zu stellen. Vielen Dank an Samer für seinen Auftritt.
Die Welle bezwingen und etwas für das Leben lernen – Surfen macht zuversichtlich
Der Verein Wellenbezwingen e.V. aus Köln hat ein erstaunliches pädagogisches Konzept entwickelt: über das Surfen Lebensmut und Motivation zu gewinnen.
Seit mehr als vier Jahren arbeitet dieser Verein nun auch mit uns zusammen, und wir konnten bei vielen jungen Menschen mit Fluchthintergrund beobachten, wie sich das Selbstvertrauen und die Zuversicht im Leben ändert, wenn man in der Gemeinschaft mit anderen die Wellen bezwingt.
Viele der Teilnehmer gehen einfach mutiger und entschlossener mit ihrem Leben um und schaffen Dinge, die vor einiger Zeit noch kaum denkbar waren.
Freda und Chris vom Verein Wellenbezwingen verdeutlichten auch beim Bühnengespräch, warum dieses Konzept ein Erfolgsmodell ist: es wird gelebt, und die Helfer sind jederzeit mit vollem Engagement und Begeisterung für ihre Jugendlichen da.
Schwimmen kann Leben retten – aber auch die Integration fördern
Schwimmen ist eine sehr wichtige Fähigkeit in unserem Lande, Schulen legen großen Wert auf die Schwimmfähigkeit ihrer SchülerInnen. Flüchtlingskinder kommen häufig aus Kulturen, wo dies nicht so gesehen wird und fristen hier ein Nichtschwimmerdasein. Dem wollten wir Abhilfe schaffen und fanden in der Behinderten-Sport-Gemeinschaft in Langenfeld einen wunderbaren Kooperationspartner. Seit nunmehr gut fünf Jahren bieten wir gemeinsam Schwimmkurse an und haben schon einigen Dutzend Kindern und Jugendlichen, aber auch einigen Erwachsenen, das Schwimmen beibringen können.Der Zuspruch der Familien ist so groß, dass es schon zu Personalengpässen kam und wir seit einem Jahr selbst in die Ausbildung von SchwimmlehrerInnen investieren. So werden wir auch in Zukunft weiterhin jede Menge Seepferdchen produzieren können.
Rassismus ist oft unterschwellig – man muss es nur erkennen
Eine wichtige Unterstützung unserer Arbeit wurde die Beratungsstelle gegen Alltagsrassismus, die vom Kreis Mettmann und mehreren Wohlfahrtsverbänden seit 2021 betrieben wird.
Es ist eine Anlaufstelle zur Thematisierung von alltäglichen rassistischen Vorgängen, z.B. die Ablehnung von Frauen mit Kopftuch als Mitarbeiter durch Betriebe. Die MitarbeiterInnen der Beratungsstelle gaben uns einen Überblick über die Tätigkeitsfelder und hatten auch während unserer Veranstaltung im Schaustall einen Informationsstand für die Besucher geöffnet.
Gerade in der aktuellen Situation, wo zunehmend offen rassistische und abwertende Bemerkungen gegen Migranten in der Öffentlichkeit kundgetan werden, auch gefördert durch politische Parteien, ist es wichtig, sich selbst als migrantische Person entsprechend positionieren und artikulieren zu können.
Hierbei leistet die Beratungsstelle wertvolle Hilfe.
Es gab auch etwas zum Lachen – Migrationserfahrungen mal anders verarbeitet
Özgür Cebe, Kabarettist und Schauspieler aus Köln, war einer unserer Gäste auf der Bühne. Für 15 Minuten servierte er uns einige Auszüge aus seinem Bühnenprogramm. Dabei ging es sowohl um seine Kindheit und Jugend in Bonn-Tannenbusch, die er als eine ghettoartige Umgebung erlebte und ihm das Stand-Up-Komödiantentum geradezu auf den Leib geschrieben zu haben scheint.
Er nutzte die kurze Zeit aber auch für einen musikalischen Ausflug und natürlich auch zu einer Würdigung der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in Deutschland.
Den unübersehbaren Rechtsruck kommentierte er süffisant mit den Worten „um Himmlers Willen“.
Wir haben uns sehr gefreut und bedanken uns bei Özgür und seiner Agentur moma artists.
Informationen liefern – da mussten wir auch ran
Tue Gutes und rede darüber, diese Floskel kann sich in der Praxis auch oft als eher peinlich darstellen. Wir waren immer eher moderat mit der Öffentlichkeitsarbeit, aber man sah uns ja auch oft genug in der Öffentlichkeit, da wir sehr präsent waren. Aber dann kam Corona …
Öffentliches Leben kam so gut wie zum Erliegen und wir beschlossen, einen Informationskanal auf Instagram aufzumachen. Hier veröffentlichen wir Beiträge aus unserem Vereinsleben und Wissenswertes für unsere Leser, die man in diesem Segment „Follower“ nennt und sie inzwischen die Zahl von mehr als 1.000 erreicht haben. Und tatsächlich haben wir auch schon fast so viele Beiträge veröffentlicht, fast 1.000. Unser Instagram-Team besteht aus vier Mitarbeiterinnen, die das Medium inzwischen auf ein wirklich hohes qualitatives Niveau befördert haben.
Wichtiger denn je – Arbeit und Qualifizierung
Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen war schon immer eines der herausragenden Anliegen, das wir den Geflüchteten ermöglichen wollten. Unsere Gruppe Qualifizierung begann daher zunächst fast ausschließlich als Sprachmittler. Wir vermittelten sog. „Sprachpaten“, die sich individuell um einzelne Menschen oder um Gruppen kümmerten und ihnen die deutsche Sprache nahe brachten. Bis die Bildungsträger nach etwa einem Jahr diese Aufgabe übernehmen konnten, waren hier Dutzende von Helfern involviert. Heute geht es mehr denn je um den Zugang zum Arbeitsmarkt, um eine adäquate Ausschöpfung der persönlichen Fähigkeiten und individuellen Ausbildung, sowie Zugang und Präsentation am Arbeitsmarkt.
Unsere Gruppe „Qualifizierung“ leistet hier wertvolle Hilfe, zumal wir ein Team von „alten Hasen“ mit langjähriger Erfahrung in Führungspositionen und Personalentwicklung aufbieten können.
Wir für Demokratie – Werte sichern und Zusammenhalt schaffen
Doris Sandbrink, von Anfang an mit unserem Verein in Verbindung und eine herausragende Repräsentantin der Zivilgesellschaft in Langenfeld, war im vergangenen Jahr auch maßgeblich an der Gründung der Initiative „Wir für Demokratie“ beteiligt. Natürlich konnte unsere Veranstaltung nicht ohne sie stattfinden.
Die zunehmende Problematisierung von Flucht und Migration, die Verächtlichmachung von Fluchtgründen und die Herabwürdigung ausländischen Lebens und fremder Kulturen geht zwangsläufig einher mit einer Aushöhlung der demokratischen Grundwerte und des Rechtsstaats.
Die Initiative legt genau hier den Finger in die Wunden, und kaum jemand kann die Auswirkungen und Folgen dieser Entwicklungen mit einem spürbar angemessenem Schmerzerlebnis darstellen so wie Doris.
Wir danken ihr für diesen eindrucksvollen Auftritt.
Lernen und Lehren liegen oft nah beieinander – unsere Schwimmlehrerassistentinnen
Die hohe Nachfrage nach unseren mit der Behinderten Sportgemeinschaft (BSG) angebotenen Schwimmkurse führte alsbald zu der Überlegung, dass wir mehr Lehr- und Betreuungspersonal brauchen. Also nahm die BSG-Chefin Margarethe Meyke die Lösung selbst in die Hand und organisierte einen Lehrgang für SchwimmlehrerassistentInnen. Die Nachfrage war groß und so wurden im vergangenen Jahr insg. 17 erfolgreiche TeilnehmerInnen in einer inklusiv gestalteten Lerngruppe beglückwünscht. Die in diesem Jahr absolvierten Schwimmkurse für Kinder wurden nun von vier jungen Frauen begleitet, die sich dabei als engagiert und kompetent einbringen konnten und den Erfolg der Kurse maßgeblich mitbestimmt haben.
Auf der Bühne konnten alle Besucher miterleben, mit welcher Begeisterung und Freude Amina, Fatimeh, Sana und Shainaz bei der Sache waren und dass es für sie keinesfalls das Ende der Ausbildung bedeutet. Sie wollen auch weiter selbst trainieren und zusätzliche Qualifikationen erwerben. Am fehlenden Personal werden also zukünftig keine Schwimmkurse mehr scheitern.
Hilfe aus eigener Erfahrung – die „Resonanz“ ist lebende Integration
Einen wertvollen Partner, den wir leider erst vor kurzer Zeit entdeckt haben, ist die Resonanz e.V., ein türkischer Träger von Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen. Resonanz ist jedoch weit mehr als ein Vermittler von Bildungsangeboten, man arbeitet hier kulturübergreifend und inklusiv und mit hoher gesellschaftlicher Kompetenz. Wir haben uns in sehr unterschiedlichen Themenbereichen zusammen gefunden und werden dies auch weiter ausbauen. Im kommenden Jahr steht ein umfangreiches Projekt für Frauen auf dem Programm.
Auf der Bühne konnten wir von den Vertretern der Resonanz erfahren, dass sich die Motivation zur Mitarbeit aus den eigenen Erfahrungen speist, insbesondere dem Gefühl, im eigenen Leben zu wenig Hilfe und Unterstützung bei der Orientierung in einer anderen Gesellschaft und Kultur erhalten zu haben. Genau wie bei uns steht auch bei der Resonanz die gelungene Integration als Ziel der Hilfe und Unterstützung im Vordergrund.
Wenn man Recht bekommen will, muss man es auch verstehen können – dabei hilft die Refugee Law Clinic
Refugee Law Clinic (RLC) ist eine Idee aus der Hochschulwelt, wobei JurastudentInnen versuchen, unterstützt von ihren Lehrstühlen und Professoren, geflüchteten Menschen bei ihren rechtlichen Fragen und Herausforderungen zu helfen. Wir arbeiten seit einigen Jahren mit dem RLC in Köln zusammen.
Die sich hier engagierenden jungen Juristen haben sich natürlich auf das Ausländer- und Aufenthaltsrecht fokussiert und bringen jede Menge Expertise mit. Sie sind zudem mobil und können mit ihrem Programm „Wheeling Justice“ auch überregional tätig werden. Wir hatten selbst schon die fahrenden Juristen bei uns in Langenfeld zu Gast, als es einige rechtliche Änderungen zu erläutern galt, z.B. den „Chancenaufenthalt in 2022.
Auf der Bühne konnten sich unsere Besucher bei den beiden RLC-Gästen Nils und Fabian davon überzeugen, dass wir es hier mit sehr motivierten, aber auch abgeklärten angehenden Juristen zu tun haben, deren Unterstützung wir sehr zu schätzen wissen. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit.