Flüchtlingsverwaltung im rechtsfreien Raum

Wir haben schon in verschiedenen Beiträgen in unsrem Blog darauf hin gewiesen, zuletzt im Beitrag über die Familienzusammenführung vom 23. September, dass deutsche Verwaltungen zuweilen ein eher selbst definiertes statt am Rechtsstaat orientiertes Verhalten in Flüchtlingsanliegen an den Tag legen. Dabei werden auch immer wieder Grundfesten des Rechtsstaates ignoriert.

 

 

 So auch im folgenden Fall. Nach rechtswidriger Überstellung nach Italien wurde das BAMF durch Gerichtsbeschluss dazu verpflichtet, einen iranischen Flüchtling zurück nach Deutschland zu holen. Das war im April 2019. Der Iraner befindet sich nach wie vor in Italien, weil das BAMF unter fadenscheinigen Vorwänden die Rückholung vereitelt. Inzwischen wird Zwangsgeld gegen das BAMF angedroht.

 

Der Flüchtlingsrat NRW, der diesen Fall öffentlich machte, kritisiert das fehlende rechtsstaatliche Verhalten des BAMF. Ein einzelner Fall, der aber zur Routine in verschiedenen Verwaltungen zu werden scheint.

 

Die Bereitschaft von Verwaltungen, eigene Vorgehensweisen jenseits gesetzlicher Vorschriften zu kreieren, haben wir schon des öfteren als bedenklich kritisiert. Dass nun auch Gerichtsurteile konsequent missachtet werden und eine Eskalation provoziert wird, erfüllt schon den Tatbestand der Rechtsbeugung und Missachtung von Gerichten. Die Androhung von Zwangsgeld ist dabei wohl eher eine wirkungslose Maßnahme, zumindest geht das Geld dem Staat nicht verloren.

 

Es wäre sinnvoller, wenn die Gerichte gegen die handelnden Personen in der Verwaltung direkt vorgehen würden und diese für entstandene Schäden verantwortlich machen. Die Dienstaufsichtsbeschwerde erweist sich in diesem Zusammenhang als zahnlos, da der Chorgeist in den Verwaltungen weitgehend in Takt ist und Mitarbeiter, auch wenn sie offensichtlich rechtswidrig handeln, von Vorgesetzten geschützt werden.

 

Ein weiterer Fall gibt ebenfalls Anlass zu Irritationen. Das Verwaltungsgericht in München hat die Rückholung eines nach Griechenland abgeschobenen Afghanen angeordnet, da diesem dort die Abschiebung in sein Heimatland drohe. Da haben die Gerichte wohl noch nicht mitbekommen, dass die Abschiebung nach Afghanistan aus Deutschland durchaus möglich ist, insbesondere dann, wenn der Innenminister Geburtstag hat. (siehe Blogbeitrag vom 17. März). Dennoch lassen diese Beispiele erkennen, dass es noch Gerichte gibt, die differenziert an die Fälle heran gehen. Dennoch ist der Trend in der Justiz, Asylfragen eher nach den aktuellen Situationen in den Ländern zu beurteilen und die eigentlichen Fluchtgründe unbeachtet zu lassen, ungebrochen.

 

Diese Vorgänge bestätigen die These, dass sich Flüchtlingspolitik und -verwaltung in einem unüberschaubaren Chaos befinden, wobei Politik, Verwaltung und Gerichte nach völlig intransparenten Kriterien handeln, was letztlich dem Rechtsstaat und natürlich auch den Flüchtlingen schadet.

 

Frank Schöler