Aus dem Krankenbett ins Abschiebeflugzeug

Der Flüchtlingsrat NRW wies Ende letzten Jahres darauf hin, dass in güngerer Zeit Flüchtlinge aus Kliniken heraus abgeholt und abgeschoben werden. Insbesondere psychische Erkrankungen, so stellt das Psychosoziale Zentrum für Flüchtlinge in Düsseldorf (PSZ) fest, seien von den mit Abschiebung betrauten Behörden immer schon eher gering geschätzt worden. Seit Inkrafttreten des sog. „Geordnete-Rückkehr-Gesetzes“ (§ 60 Abs. 7 AufenthG) seien die Hemmschwellen nochmalig gesunken. Abschiebekandidaten werden direkt aus der Klinik geholt, auch Suizidgefahr stellt keinen Hinderungsgrund dar.

 

Die Ärzteschaft steht mit Verwunderung vor der Tatsache, das ärztliches Ethos, Selbstverpflichtung und Berufsordnung offenbar im Kontakt mit Abschiebebehörden einen feuchten Dreck Wert sind. Das PSZ sieht sich genötigt, auf die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Thüringen zu verweisen, wo Abschiebungen aus Kliniken heraus untersagt sind.

 

Auch das Thema Reisefähigkeit spielt bei Abschiebungen eine untergeordnete Rolle. Ausländerbehörden schaffen Fakten, indem sie die Entlassungspapiere nicht abwarten und somit der Flüchtling auch keine Dokumente in der Hand hat, die seine Situation transparent zu machen. Eindeutig reiseunfähige Flüchtlinge wurden auch schon mal ohne Rollstuhl ins Flugzeug verfrachtet (iranischer Patient der LVR Bonn, suizidgefährdet und an MS erkrankt, am 09.01.2019).

 

Die PSZ weist auf die Achtung der Menschenwürde hin, die ja nun immer zu gelten habe. Ja, das sollte wohl so sein. In der Flüchtlingspolitik ist diese aber schon lange abhanden gekommen. Darauf weisen wir seit Jahren hin und beschreiben das Versagen von Politik und Verwaltung regelmäßig an Begebenheiten unseres Alltags.

 

In dem Schreiben des PSZ vom 14.11.2019 an den zuständigen nordrhein-westfälischen Minister Stamp klingt auch die Verwunderung an, dass sich deutsche Behörden scheinbar nicht an verfassungsmäßige Grundsätze gebunden fühlen. Ja, das ist wohl so, und uns wundert es nicht mehr allzu sehr, weil Rechtsbeugung und Willkür im Alltag der Flüchtlingshilfe die ständigen Begleiter sind.

 

Bei der letzten Bundestagswahl haben etwa 5,8 Millionen Bürger AfD gewählt, davon nach Wahlanalysen ung. 1,4 Millionen Rentner und Arbeitslose. Der Rest ist also irgendwo im täglichen Leben unterwegs, in der Verwaltung, bei Behörden. Und wenn Rassismus ein Motiv ist, eine Partei zu wählen, ist es auch ein Motiv für alltägliches Handels.

 

Anders sind die ständig vorkommenden verschwundenen Anträge und Briefe, unvollständigen und fehlerhaften Bescheide, unnötigen Vorladungen und ausbleibenden Bescheide nicht zu erklären.

 

Wir werden nicht müde werden, dies immer wieder anzuprangern, die Rechte der Flüchtlinge einzufordern und die Behörden auf ihre Pflichten hinzuweisen. Wir als Repräsentanten der Zivilgesellschaft sind das Korrektiv in einem aus den Fugen geratenden Rechtsstaat.

 

Wir bleiben dran.

 

Frank Schöler