Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat die AfD „aufgrund der die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei als gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft. Das wussten viele schon vorher, aber jetzt hat es einen amtlichen Charakter.
Aber was bedeutet das für die Ausländerpolitik ? Vermutlich gar nichts, denn die neuen Regierungsparteien CDU/CSU haben die migrationspolitischen Vorstellungen der AfD bereits weitgehend übernommen und gemeinsam mit der SPD auch sehr prominent im Regierungsprogramm untergebracht.
Die Abschottung der Grenzen wird die erste Maßnahme sein, so neuer Kanzler und neuer Innenminister, es gibt also tatsächlich nichts wichtigeres.
Das BfV ist offenbar sehr akribisch vorgegangen, hat 1.100 Seiten vorgelegt, umfangreich geeignete Zitate gesammelt, auch der Parteispitze, bis hin zu Verschwörungsmythen, die sich vielleicht eher psychopathologisch als politisch auswerten lassen.
Nun kursieren natürlich auch wieder die Verbotsforderungen, an den politischen Einschätzungen scheint sich allerdings wenig geändert zu haben. Außer denen, die schon vorher ein Verbot voran getrieben haben, sind spontan keine neuen Befürworter hinzu gekommen.
Bezogen auf die migrationspolitischen Einstellungen wird ein Verbot der AfD allerdings auch wenig ändern. Es geht nicht eigentlich um Parteipolitik, sondern um Gesinnung. Und hier haben ja spätestens im Wahlkampf verschiedene Parteien, die z.Zt. nicht auf der Verbotsagenda stehen, deutlich gemacht, dass die Gesinnung des Rassismus und der Ausländerfeindlichkeit geteilt wird. Die Kollaboration von CDU/CSU mit der AfD im Bundestag war ja nur die Spitze des Eisbergs und setzte sich auch nach der Wahl weiter fort, verdeutlicht durch die verharmlosende Kooperationsbereitschaft von Jens Spahn, neuer Fraktionsvorsitzender von CDU/CSU, wobei das gewaltbereite Umfeld der AfD, deren Verfassungsfeindlichkeit und Russlandkonspiration schlicht ausgeblendet werden..
Wenn man auf die Wahlergebnisse und die letzten Umfragen schaut, hat der Rechtsextremismus den Schrecken verloren, wenn er ihn jemals hatte. Die Geschichte der BRD war bis in die 70er Jahre hinein geprägt vom Nachlass des Nationalsozialismus, der sich insbesondere durch belastetes Personal in staatlichen Verwaltungen und im Sicherheitsapparat bemerkbar machte, aber auch in politischen Parteien, die Auffangbecken für gestandene Nazis wurden. Die Bürger der DDR waren autoritär regiert, seit 1933 ohne Demokratieverständnis und gesellschaftlich durchaus ausländerfeindlich geprägt.
Sowohl im Nachkriegsdeutschland insgesamt als auch in Ostdeutschland nach dem Fall der Mauer, hat keine systematische Demokratisierung stattgefunden, ein Mangel, der uns heute zu schaffen macht.
Die Einordnung der AfD ist also einstweilen nichts weiter als ein Verwaltungsvorgang ohne besondere Folgen. Die Entfernung von AfD-Mitgliedern aus staatlichen Institutionen könnte ggf. helfen, Rechtsstaatlichkeit wieder stärker ins gesellschaftliche Bewusstsein zu rufen, aber es geht ja nicht so sehr um die Mitglieder als um die Wähler und Sympathisanten.
Die von uns und vielen anderen immer wieder kritisierte politische Rochade von etablierten Parteien, durch die Übernahme rechtspopulistischer und fremdenfeindlicher Parolen Wähler von der Abwanderung zur AfD abzuhalten, ist grandios gescheitert. Dafür haben wir jetzt eine von weiten Teilen der Politik beförderte Ignoranz der Menschenrechte und die Aushöhlung des Rechtsstaats zu verkraften.
Migrationspolitisch erwarten wir keine signifikanten Änderungen. Wenn es gelingen sollte, jetzt den Rechtsstaat und seine Vorzüge wieder stärker in das Bewusstsein von Teilen der Bevölkerung zu bringen, könnte dies zumindest der politischen Kultur in diesem Lande wieder Auftrieb und Substanz geben.
Frank Schöler