Sprache muss man sprechen

 

Schulpflichtige Flüchtlingskinder warten oft deutlich länger als ein halbes Jahr auf ihre Einschulung und haben in dieser Zeit keinen oder selten Kontakt zu deutschsprachigen Kindern und Jugendlichen. Das geht aus einer Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg1 hervor, in der Daten von mehr als 1.000 Jugendlichen ausgewertet wurden.

 

Junge Geflüchtete lernen demnach am besten Deutsch, wenn sie möglichst schnell in eine Regelklasse kommen. Darüber hinaus zeigt die Studie, dass Sprachkenntnisse auch vom Asylstatus abhängen. Geflüchtete, die mit der Drohung einer Abschiebung leben müssen, haben demnach schlechtere Deutschkenntnisse.2

 

Nach unseren Beobachtungen ist das Gelingen des Spracherwerbs bei Schülern stark abhängig von den jeweiligen Schulen und Klassen. Der Erwerb der deutschen Sprache kann im Regelunterricht gelingen, muss es aber nicht. Wir haben allerdings auch schon das Misslingen von reinen Deutschklassen miterlebt. Der Erfolg steht und fällt mit der Organisation und der Konsequenz der Durchführung. Ebenfalls wichtig ist auch die Empathie der Mitschüler, die in den Regelklassen eher zur Beschleunigung des Spracherwerbs beitragen als der Unterricht als solcher.

 

Die Beobachtungen während unseres diesjährigen Einschulungsprogramms für Erstklässler lassen altersbedingt auf relativ gute Deutschkenntnisse schließen, wenngleich noch längst nicht alle Kinder in den Genuss eines Kitaplatzes kommen. Die Abdeckung wird aber zunehmend besser. Einige Kinder können bereits recht forsch und selbstbewusst mit der deutschen Sprache umgehen und sich zielführend artikulieren.

 

Problematisch dabei ist die Situation in den Familien, da Kinder oft schneller und besser Deutsch lernen als ihre Eltern. Besonders Mütter mit Kleinkindern können häufig die Angebote der Bildungsträger nicht wahrnehmen. Wir ermutigen jedoch zum Deutschsprechen in den Familien, was von den Kindern gerne aufgenommen wird.

 

1 Zeitschrift für Erziehungswissenschaft - Berlin : Springer, Bd. 28 (2025), Heft 3, S. 557-579

 2 Taz 13.08.2025, S. 15

 

Frank Schöler